Die guten alten Zeiten
Albert Hammond auf Super 8
Der eine Mann, Albert Hammond, hat in seinem Leben bisher 360 Millionen Tonträger verkauft. Songs wie The Free Electric Band, It Never Rains in Southern California oder The Air That I Breathe sind in unserem kollektiven Ohr. Auch für weitere Superstars hat er Lieder geschrieben: Whitney Houston, Tom Jones oder Joe Cocker. Der andere Mann, André Roessler, wollte einen Musikclip mit eben jenem Albert Hammond drehen – auf Super 8. Wie es dazu kam und warum er nächstes Mal nur noch mit seiner Beaulieu arbeiten wird, erzählt Roessler in diesem Interview.
Ein alter Hit, festgehalten auf einem alten, aber immer wieder jungen Filmformat. Wie kam es dazu?
André Roessler: Bei meinen Schwiegereltern habe ich vor einigen Jahren das eingemottete Filmequipment gefunden. Eine Nizo, die nicht mehr funktionierte, aber der Projektor, der tat es noch. Da gab es viele Filme zu sehen, Urlaub in Tunesien zum Beispiel, und meine Frau als Kind.
Dann hast du dir deine erste Kamera geleistet?
Genau, ich habe mir bei eBay Kleinanzeigen eine Canon 514XL-S Tonfilmkamera gekauft, die nicht lange durchhielt und kurz darauf eine Canon 310 XL.
Du versuchst, mit deinen Filmthemen in die Zeit zurückzugehen, die die Hochzeit von Super 8 war?
Ja, ich hatte dafür schon immer ein Faible. Ich mache ja auch Musik, da habe ich eine Menge analoges Equipment wie Kompressoren im Einsatz.
Von meiner Mutter gab es eine alte Kassette von Albert Hammond, da war auch das Lied „Good old days“ dabei. So dachte ich mir, dieses Lied passt doch perfekt, um einen Musikclip daraus zu machen. Und Albert Hammond ging letztes Jahr auf Deutschlandtournee. Da habe ich die Agentur angeschrieben und es gab gleich eine super Offenheit. Die haben gesagt, komm vorbei und such dir ein Lied bei einem Konzert raus.
Das ging ja fix…
Zum ersten Mal habe ich in Wölfersheim (Hessen) gedreht, weil das Konzert gerade in der Nähe war. Da bin ich hingefahren mit der Canon 310XL und einer Beaulieu 4008, die mir zu dem Zeitpunkt noch gar nicht gehörte. Ein Freund hatte sie mir ausgeliehen.
Welche Kamera hat die besseren Bilder geliefert?
Im Grunde die Beaulieu, aber am ersten Abend nicht. Denn nach zwanzig Minuten im Konzert hat der Akku seinen Geist aufgegeben. Und ich hatte keine Zeit mehr zum Aufladen. Die Totalen sind auch mit der Canon 310XL scharf geworden, die Nahaufnahmen waren allerdings fast alle unscharf.
Mit welchem Filmmaterial hast du gearbeitet?
Einige Kassetten Kodak Vision3 200T und die meisten waren Vision3 500T Negativfilm.
Im Nachhinein betrachtet: Genügt der 200T für Konzertaufnahmen in dunklen Hallen?
Da ist mir eine lustige Sache passiert. Durch die Hektik beim Dreh habe ich ein oder zwei Kassetten falsch belichtet. Bei der Beaulieu wird die Empfindlichkeit ja außen eingestellt und ich habe die 500T Kassetten teilweise nur mit ISO 200 belichtet. Meine Erfahrung ist daher, dass ISO 200 ausreicht.
Wie bist du mit dem Thema Lippensynchronität umgegangen?
Von der Agentur bekam ich eine Live-Aufnahme des Songs „The good old days“ von Albert Hammond zur Verfügung gestellt. Ich hatte die Hoffnung, dass das zu meinen gedrehten Szenen passen würde. Es hat dann tatsächlich szenenweise gepasst, ich musste nichts beschleunigen oder verlangsamen. Alles einfach „out of the cam“. Mit Zwischenschnitten, natürlich.
Und Albert Hammond? Was hat er zu deinem Projekt gesagt und wie war er so?
Er ist ein feiner, super sympathischer und bodenständiger Künstler – so Jemanden habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen. Er kam gleich beim ersten Dreh auf mich zu, hat meine Kameras sehen wollen. Das war wirklich Spitze. Er sagte mir, er habe noch einen alten Plattenspieler zuhause und sei ein Fan von antiken Sachen. Als ich ihm beim zweiten Dreh ein bisschen Material vom ersten Dreh gezeigt habe, sagte er spontan: Das gefällt mir so gut, willst du nicht eine Doku über mich machen?
Wie oft hast du gedreht?
Ich war bei zwei Konzerten und habe einmal mit Albert Hammond vor einem Konzert separat ein paar Szenen aufgenommen. Ich wollte ihn zusammen mit einem alten Plattenspieler zeigen, wenn er den Song von einer Single startet.
Ich hatte sechs Kassetten zur Verfügung. Am Schluss war es wirklich so, dass ich jede Szene, die ich nutzen konnte, auch verwendet habe. Es war schon knapp. Bei der Canon 310XL war nämlich eine Kassette komplett unscharf geworden.
Wurde alles mit 18 Bildern pro Sekunde belichtet?
Ich habe in der Tat angefangen, mit 18 Bildern in der Sekunde zu drehen. Mit der Beaulieu habe ich dann mit 24 Bildern pro Sekunde gearbeitet. Von einem anderen Projekt her wusste ich, dass das dann doch besser und schärfer wirkt. Flüssiger im Ablauf.
Auf welche Weise hast du das in der Digitalisierung kombiniert?
Ich habe das Material ins DaVinci System gepackt. Alle Clips wurden separat bearbeitet und im Avid Media Composer in ein 24B/sec.-Projekt importiert. Da rechnet dann das System bei Szenen mit 18 B/sec. alle drei oder vier Frames ein Standbild ein.
Was würdest du beim nächsten Mal anders machen?
Die Mattscheibe in der Beaulieu hat es mir erleichtert, die Schärfe in der dunklen Halle gut zu beurteilen. Was ich bei der Beaulieu allerdings nicht gut finde: Man kommt, wenn man die Schärfe zieht, ganz leicht an den Hebel für den Tageslichtfilter. Da muss man höllisch aufpassen, dass nicht versehentlich bei Kunstlicht das orange Filter eingeschwenkt wird. Ansonsten würde ich die Beaulieu 4008 aber der Canon 310XL für so ein Projekt vorziehen.
Wieviel hat dich der Spaß gekostet?
Für die sechs Negativfilme, die Entwicklung bei Andec und den Scan bei der britischen Firma TVV in Newcastle habe ich zusammen 535 Euro bezahlt.
Wann kommt dein nächstes Projekt?
In Kürze geht meine Homepage www.retro-movie.de online. Ich biete dort filmische Dienstleistungen an, die ausschließlich Super 8 und 16mm bezogen sind – ungewöhnliche Imagefilme, Musikvideos, Hochzeitsfilme und Super 8 Tagebücher. Das Ganze im nostalgischen Super 8 mm und 16mm Look.
Wenn du dich an das Konzert mit Albert Hammond erinnerst, was ist dir im Gedächtnis geblieben?
In der Pause fragte eine Frau im Saal entrüstet: Wieso singt der denn so viele Lieder von anderen? Tina Turner, Leo Sayer, Julio Iglesias? Hat der nicht selber genug Lieder geschrieben? Darauf die Managerin, die das zufällig hörte: „Das sind alles Texte von Albert Hammond, die hat er für andere geschrieben und singt sie jetzt auch mal selbst.“