SCHICKERIA
Eine 4-teilige TV-Doku mit Super 8
München war mal laut, rebellisch und verrucht – eine Stadt voller Visionäre. Ein internationaler Magnet für alle, die auf der Suche nach einem außergewöhnlichen, exzentrischen und enthemmten Leben waren. Beginnend mit der Olympia-Bewerbung 1965, bis zur berühmt-berüchtigten Geburtstagsparty von Freddie Mercury in einem Münchner Travestie-Lokal 1985, reist die 4-teilige Doku-Reihe SCHICKERIA zurück in ein schillerndes München. Ab 19. August 2022 sind die Folgen auf Amazon Prime zu sehen. Viele Szenen, die das Leben der 1970er Jahre widerspiegeln, sind auf Super 8 entstanden. Das Berliner Fachgeschäft click & surr bekam von der Produktionsfirma Constantin-Film den Auftrag, Kameras, Schmalfilme, Entwicklung und Scan für den Dreh zur Verfügung zu stellen.
Kameramann Timothy Ruhstorfer wirft einen prüfenden Blick auf die Drehregler an der silbernen Nizo 561 macro. Für ihn ist es das erste Mal – mit Super 8. „Das war schon ein ehrfürchtiger Moment“, sagt er. „Als das Laufgeräusch der Kamera zu hören war, habe ich geradezu Gänsehaut bekommen.“ Doch dann hat er sich schnell eingefuchst und die unterschiedlichen Farbnegativ-Filmsorten, den 50D, den 200T und den 500T, den Situationen angepasst eingesetzt. „Unsere Rückblicke, die mit Videointerviews unterlegt sind, sollen stimmungsvoll rüberkommen.“ Producer und Regisseur Janek Romero ergänzt: „Der Wechsel zwischen historischem Filmmaterial, aktuell gedrehten Interviews und Rückblenden auf Super 8 macht die vier Teile zu jeweils 45 Minuten lebendig.“ Stilmittel ist dabei die entfesselte Handkamera – ganz so, wie man Schmalfilme landläufig in Erinnerung hat.
Showmaster Thomas Gottschalk und Schauspielerin Iris Berben zählen zu den Zeitzeugen, die bei SCHICKERIA eine wichtige Rolle spielen. Beide werden für die Rückblenden, die in den 1970er Jahren spielen, von jungen Schauspielern dargestellt. Nach einer Stunde in der Maske kommt Darstellerin Alina Rothbauer im lila Minirock und mit floraler Bluse ans Set. Eine gewisse Ähnlichkeit mit der Berben ist sofort sichtbar. Jetzt gilt es, allerlei stimmungsvolle Szenen einzufangen: Beim Auflegen von Schallplatten, wildem Tanzen barfuss auf den Holzdielen, beim Lesen alter Gazetten oder, dem Kofferradio lauschend, mit baumelnden Beinen im Fenstersims sitzend. Julius Besner ist fürs Licht zuständig. Der Einsatz erfolgt zurückhaltend. Die Wirkung der Szenen kommt weitgehend vom Filmkorn und dem leicht tänzelnden Bildstand des Materials.
SCHICKERIA ist eine vierteilige Doku-Reihe der Münchner Constantin-Film, realisiert für den Pay-TV-Sender Amazon Prime. Um den Super-8-Part zu gestalten, wandte sich Produktionsleiter Andreas Tuerpe an click & surr in Berlin. Die Spezialisten für Schmalfilm statteten das Team gleich mit drei Super-8-Kameras von Braun Nizo aus. Sicher ist sicher! „Es darf ja beim Dreh nichts schief gehen. Das gesamte Set mit täglich rund zehn Mitarbeitern am Start ist eine kostspielige Sache“, erklärt Janek Romero. Und bei Geräten, die über 50 Jahre alt sind, kann – trotz Wartung und Kontrolle – immer mal was passieren. Das Constantin-Team bekam vorab auch eine ausführliche Einführung in die Technik dieses für sie ungewohnten Filmformats. Die Kameras wurden übrigens ursprünglich im Münchner Nizo-Werk gebaut, damals zu den wilden Zeiten, um 1975 herum.
Das SUPER 8 MAGAZIN war exklusiv bei den Dreharbeiten dabei. Mehr Infos über die Produktion und viele Fotos vom Dreh gibt’s in der neuen Ausgabe der Zeitschrift, die hier zu haben ist: https://www.super8shop.de/produkt/schmalfilm/filme-schmalfilm/6_super-8-magazin-6-ausgabe-deutschland/
SCHICKERIA – die 4 Folgen:
Wilde Partys, Geld und Erfolg – Geburtsstunde der Schickeria (1965-1970)
Die Jahre des Wiederaufbaus sind überstanden. Im Ausgehviertel Schwabing schießen die Clubs und Kneipen wie Pilze aus dem Boden. Als München 1966 den Zuschlag für die Olympischen Sommerspiele bekommt, wird das Millionendorf zum internationalen Tollhaus.
Sex, Spaß und Rebellion (1970-1975)
Die Schickeria, Originale und Exzentriker, zeigen in den In-Lokalen, was sie zu bieten haben. Die Sucht nach Lust ist überall spürbar. Das Geschäft mit der Erotik flammt auf, München wird zur Modestadt.
Wer reinkommt, ist drin (1975-1980)
Weltstars wie Sänger Freddy Mercury, die Rolling Stones und Donna Summer produzieren ihre Hits in den legendären Musicland-Studios. Jahrhundertkoch Eckart Witzigmann bekommt als erster in München drei Michelin-Sterne verliehen und das Restaurant Tantris wird zum Fresstempel der Schickeria.
Geld kauft Kaviar, aber keine Fantasie (1980-1985)
München verändert sich und mit ihr die Schickeria. Schön und teuer ist jetzt wichtiger als wild und kreativ. Die Künstler der Selbstinszenierung inspirieren Regisseur Helmut Dietl zur Society-Satire „Kir Royal“, einer gnadenlos bissigen Persiflage auf die Schickeria.