Kameras, die keiner kennt
Steckbriefe gesuchter Modelle
Gesucht wird:
eine am 12. Februar 1965 von Peter Sarabèr aus Goslar konstruierte, damals mit dem Namen „Princes S 8“ versehene Super-8-Kamera, die später unter der Bezeichnung „Tell Cin S 8“ ihr kurzes Dasein fristete
Unverkennbare Merkmale:
stammt aus der Schweiz, soll 1971 stolze 1.000,– Franken gekostet haben, ist nur 3,5 x 6,6 x 8,8 cm groß und wiegt ganze 350 Gramm. Schwarz beledertes Metallgehäuse
Merkwürdigkeiten:
funktioniert 1970, zu einer Zeit, wo der Elektromotor durchaus als erfunden galt, noch mit Federwerk. Nimmt den Super-8-Film nicht etwa in der 15-Meter-Kodak-Kassette, sondern in einer von der Schweizer Tellag AG entwickelten Spezialkassette auf, in die nur 8 Meter Material passen. Hat keinen Zoom und einen anachronistischen Belichtungsmesser über der Optik
Seltenheitsfaktor:
soll nach unbestätigten Gerüchten ganze 60 mal verkauft worden sein und kaum die Hürde der eidgenössischen Grenze genommen haben
Zuletzt gesehen:
beim Schweizer Sammler Eckhard Kaiser, der dazu folgenden Kommentar abgibt: „Ehrlich gesagt, ich hätte mir so etwas neu damals nicht gekauft. Ist schön anzusehen, für die Damenhandtasche geeignet. Der Gehäusedeckel lässt sich wie eine Nivea-Dose öffnen.“
Trotzdem unbezahlbar.
Gesucht wird:
ein hässliches Geschöpf aus Plastik, das 1967 unter dem unscheinbaren Namen „Yashica Hobbyist“ in die Läden kam und dort ein trübes Dasein fristete
Unverkennbare Merkmale:
graue Maus aus Japan, Durchsichtsucher, 18 Bilder pro Sekunde – also technisch komplett unauffällig
Merkwürdigkeiten:
dient nicht nur als Kamera, sondern auch als Motor für den Filmprojektor. Wenn Sie mal unterwegs sind, um einen Streifen zu drehen, steht der Projektor zu Hause allerdings unnütz herum, weil er ohne Kamera nicht betrieben werden kann
Seltenheitsfaktor:
mehr als 1.000 Stück hat die Welt davon wohl nicht gesehen; da der merkwürdige Vogel beim Entrümpeln gern für Spielzeug gehalten wird, wandert er unbeachtet in den Hausmüll
Zuletzt gesehen:
wird auf Flohmärkten gern ignoriert, ist aber sammelwütig betrachtet ein possierliches Kerlchen, das billigst zu ergattern ist
Gesucht wird:
eine japanische Wunderwaffe von 1969, die aussieht wie ein Super-8-Modell, in Wahrheit aber Single-8-Kassetten vernascht und auf den Namen „Canon Single-8 518 SV“ hört
Unverkennbare Merkmale:
Filmandruckplatte aus Metall, motorische Filmrückspulung in beliebiger Länge (!) für Tricks, schließbare Sektorenblende, von Hand verstellbares Einzelbildzählwerk, Motorzoom 1:1,8/9,5-47,5mm, 1, 18, 24, 36B/sec., CdS-TTL-Belichtungsmesser
Merkwürdigkeiten:
ähnelt dem Super-8-Pendant „Canon Super 8 518 SV“ äußerlich gewaltig, kann aber viel mehr
Seltenheitsfaktor:
nur ein Jahr auf dem Markt, dann dem Super-8-System geopfert; außer in Japan auch ab und an in den USA und in den Niederlanden verkauft; gut 1.000 mögen im Umlauf sein
Zuletzt gesehen:
bei eBay in Amerika für stolze 500 Dollar
Gesucht wird:
eine 1959 von Eumig in Österreich hergestellte 8mm-Filmkamera, die nur in den USA verkauft wurde und ihren Hersteller dabei schlichtweg verleugnet hat; sie nennt sich „unilectra“ und will vom Namen Eumig nichts wissen
Unverkennbare Merkmale:
trägt als Objektiv einen Riesen-Bollermann namens „Unilectra 1:1,8/13mm“ mit integriertem Belichtungsmesser
Merkwürdigkeiten:
hat ein Rollo, hinter dem sich eine 9 Volt Taschenlampenbatterie verbirgt, die den Filmtransport übernimmt
Seltenheitsfaktor:
gar nicht so selten, aber nur überm großen Teich zu haben
Zuletzt gesehen:
bei eBay in Amerika für 30 Dollar
Gesucht wird:
ein vom Franzosen Charles Jaton 1955 in Umlauf gebrachtes Unikum, das auf den Namen „Dimaphot 16/8 panoramique“ hört
Unverkennbare Merkmale:
der seitlich angebrachte rote Metallsucher verrät die Kamera gleich und macht sie weithin sichtbar
Merkwürdigkeiten:
nimmt hochkant gehalten 16mm-Film auf, will aber gern auch quer gehalten werden und macht dann Panorama-Aufnahmen in 8mm Höhe, so dass der 16mm-Streifen (zur Hälfte belichtet) zweimal durch die Kamera laufen kann; ähnelt damit dem von Pathé angebotenen früheren 9,5mm breiten Duplex-Film, der nach Belichtung auch in der Mitte aufgetrennt wurde. Ob es für die wundersamen Breitwandfilme aus der Dimaphot überhaupt einen Projektor gibt, der die quer liegenden Bilder auch vorführen kann, ist unbekannt
Seltenheitsfaktor:
ganze 50 mal zusammengebastelt
Zuletzt gesehen:
dürfte sich weitgehend in Frankreich aufhalten, wo nicht nur das Essen teuer ist
Gesucht wird:
eine langweilige Plastikbombe namens „Bolex Jubilee“, die 1977 in England unbedingt an den Kameramann gebracht werden sollte
Unverkennbare Merkmale:
trägt neben der Optik eine große Zahl zwischen 1 und 1.000 und will damit mächtig angeben, wie selten sie doch sei
Merkwürdigkeiten:
wurde nicht etwa allein, sondern nur im Paket verkauft: immer gehörte eine Urkunde dazu, die dem Silberjubiläum der Queen huldigte und auch ein stummer Streifen, der das bisherige Leben von „Her Majesty“ Revue passieren lässt. Hat technisch nicht viel zu bieten, außer einem Timer für Zeitraffer-Aufnahmen und einem XL-Motorzoom 1:1,2/7,5-25mm. Wurde in Wahrheit bei Eumig in Österreich fabriziert
Seltenheitsfaktor:
nur im Königreich verkauft, aber ob wirklich alle 1.000 über die Ladentheken gingen, ist geheim
Zuletzt gesehen:
in der Rumpelkammer der Queen, wo noch heute alle unnützen Geschenke zum Jubiläum lagern (wobei die Queen früher wirklich selbst gefilmt hat; auf alten Bildern ist sie mit einer Bell & Howell aus britischer Produktion zu sehen)
Fotos: Jochen-Carl Müller & Eckhard Kaiser