ORWO – What the fuck?

Die bizarre Geschichte eines Comebacks

Jürgen Lossau, 07. Mai 2022

Wer würde sich nicht freuen – über einen neuen Anbieter im Bereich Foto- und Kinofilme? Und so war die Ankündigung aus dem Hause ORWO im letzten Jahr, künftig Schwarzweiß- und Farbmaterial für alle gängigen Foto- und Cine-Formate im eigenen Haus zu fertigen, voller Erwartungen in der Szene freudig aufgenommen worden. Doch was dann kam, wirkte bizarr. FilmoTec Wolfen und einige damit verbundene Firmen gingen im Februar 2022 insolvent. Und die neue Website unter der Adresse orwo.wtf (what the fuck) sowie der orwo.shop wirken auch nicht gerade wie ein seriöser Neustart. Ein Kommentar von Jürgen Lossau.

ORWO, so heisst es auf der im letzten Jahr gelaunchten Website, sei eine 116 Jahre alte Firma und eine ebenso alte Marke. Und ein Konsortium aus der Firma FilmoTec Wolfen, die schon aus einem früheren Konkurs hervorgegangen ist, InovisCoat GmbH Monheim sowie Seal1818 GmbH wollten die traditionsreiche Marke wieder aufmöbeln. Aber ist es für eine seriöses, traditionsreiches Unternehmen wirklich eine gute Idee, sich eine Webadresse mit der Endung .wtf zuzulegen? “What the fuck” klingt eher hipstermäßig, kurzfristig an den Start gebracht und schafft kaum das nötige Vertrauen in die Marke.

Nachdem allerdings alle drei am ORWO-Relaunch beteiligten Firmen im Februar 2022 in die Insolvenz gegangen sind, würde ich mir auf der Website der Firma schon ein paar weiterführende Informationen wünschen. Was wird eigentlich aus den Mitarbeitern? Wie sieht die Restrukturierung aus? Wer hält jetzt die Zügel in der Hand? Aber nach der dort zu lesenden Information über die Insolvenz, die offenbar auch nur deshalb veröffentlicht wurde, weil es “Gerüchte” im Internet gab, ist seit zwei Monaten Schweigen angesagt.

Die neue Website des deutschen Unternehmens, verbandelt mit anderen deutschen Unternehmen, kommt nun nur noch in englischer Sprache daher. Da fragt man sich schon, wer eigentlich dahinter steckt. Doch das erfahren wir nicht. Denn die Seite im Netz hat kein Impressum, was nach deutschem Recht vorgeschrieben ist. Da gibt es keine Firmenadresse, keine Geschäftsführer, die genannt werden würden. Es steht zu vermuten, dass die Website nicht aus Deutschland heraus betrieben wird.

Und dann wäre da noch der “neue” Slogan des Unternehmens: “Make film, not video”. Echt jetzt? In einer Zeit, in der wir von einem Krieg in Europa heimgesucht werden, wird ein Satz, den John Lennon und Yoko Ono zu Zeiten des Vietnam-Krieges geprägt haben (“Make love, not war”, auch “Make peace, not war”), abgewandelt und zu einem billigen Mee-too-Slogan eines Filmherstellers? Das ist eher geschmacklos, geschichtsvergessen und oberflächlich.

Schlimmer noch sieht es beim vor wenigen Tagen gelaunchten orwo.shop aus. Da lässt sich nun allerhand bestellen, auch ein neuer Schwarzweißfilm ist angesagt. Aber die Kunden, die per Paypal zur Kasse gebeten werden, wissen gar nicht, wohin ihr Geld fließt. Auch hier gibt es kein Impressum, keine Firmenanschrift, keine Geschäftsführung, nichts. Transparenz sieht anders aus.

ORWO – ein bisher trauriger, unprofessioneller Neustart.

(Nachtrag 15. Mai 2022: Die Marke ORWO hat zumindestens auf ihrer Shopseite inzwischen ein Impressum angebracht. Sollten wir diese Anregung durch den Kommentar gegeben haben, freuen wir uns.)

 

 

 

 



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