
Super 8 hat einen Ort
Die Dresdner Schmalfilmtage 2025
Wo wird Super 8 heute noch gewürdigt und gefeiert? Viele Jahre lang habe ich die Dresdner Schmalfilmtage dafür kritisiert, langweilig, abgehoben elitär und vielfach unprofessionell zu sein. Das Aufkommen der Super-8-Veranstaltung zum Filmfest Bremen ab 2021 ließ Hoffnungen aufkeimen, dass es einen neuen jährlichen Treffpunkt für analoge Streifen geben würde. Doch seit gestern steht fest: Dresden ist der einzige Ort, an dem Schmalfilm eine Zukunft hat.

Erst das Positive
Diese unerwartete Entwicklung bei den 26. Schmalfilmtagen ist vor allem mit einem Namen verbunden: Jan Nordsieck. Leise, aber beharrlich, hat er die internationale Szene zu einem Event zum Thema „60 Jahre Super 8“ zusammengebracht. Ein liebevoll dekorierter Raum mit Filmbetrachtern umrahmte die Veranstaltung, an der viele Urgesteine der Szene teilnahmen. Gesehen: Filmemacher Patrick Müller, Queen der Super 8 Entwicklung Dagie Brundert, Joachim Schmidt von off2, Filmemacher Klaus Schreier, Laborbetreiber Richard Tuohy und Filmemacherin Dianna Barrie aus Melbourne (Australien), die Filmemacher Ben Slotover aus Großbritannien und Michael Sommermeyer, Mario Loose (screenshot), Fachbuchautor Jürgen Lossau von click & surr sowie Filmemacher Sessil Siffkov. Das muss man erstmal hinkriegen.

Jan Nordsiecks Collage zu 60 Jahren Super 8 mit vielen Einspielern war ein weiterer Höhepunkt zum Jubiläum des schmalen Filmformats. Her mit dem Schampus, die Jahreszahl wurde zeitgemäß gefeiert. Absolutes Highlight der Schmalfilmtage ist inzwischen der jährliche Live-Vertonungswettbewerb. Hier werden olle Kamellen stumm geschaltet und mit Musik und/oder Geräuschen live vertont. Das können alte Lehr- oder Trick- oder Reisefilme sein, die so ein neues Erwachen haben. Und rund 200 Zuschauer/innen wollten sich dieses Ereignis nicht entgehen lassen. Warum ist das so erfolgreich? Zwei Gründe: die gute Auswahl an Filmen und Musikern, aber vor allem, weil hier aus etwas Altem etwas atemberaubend Neues entsteht.

Wichtig sind sie Workshops! Schon oft hat Dagie Brundert Selbstentwicklung präsentiert, diesmal war es Lehrer, Chemiker und Filmemacher Malte Bartels, der zwei Tage lang Filme mit seinem Team schwarzweiß und bunt entwickelte. Auch sehr sehens- und hörenswert am Schluß des Samstags: Das Telesonic 9000 Konzert mit futuristisch anmutenden Einspielern aus dem Amerika der 1950er bis 1970er Jahre. Dabei live am Schlagzeug: der Amerikaner Dom Gray.

Jetzt das Unvermeidliche
Auch in diesem Jahr – wie in jedem Jahr – gab es einzelne Veranstaltungen, bei denen man sich fragt, warum ein bestimmter Film soviel Aufmerksamkeit und damit einen eigenen Programmpunkt verdient. Diesmal war es der Streifen ÔTE-TOI DE MON SOLEIL (deutsch: Geh mir aus der Sonne), der ein Portrait eines alten Mannes mit Diogenes-Syndrom, kombiniert mit Found Footage Film und einem Animationsfilm zu Wasser und Eis beinhaltete. Ich sag’s gleich: Ich habe nur die Hälfte gesehen, weil ich eingeschlafen bin. Als ich erwachte und mich ein wenig schämte, fiel mein Blick aus zahlreiche hängende Köpfe. Der Film wirkte am Anfang wie billiges Videomaterial und konnte das Publikum durch langatmige Einstellungen nicht überzeugen. Viele verließen die Projektion – wie bei einigen anderen Programmpunkten auch. Die Auswahl der Filme scheint manchmal eher verkopft und wenig an echter Filmkunst orientiert.

Aber jetzt zum eigentlichen Problemkind. Das ist, wie viele Jahre schon, der internationale Filmwettbewerb für Super 8 und 16mm, der wohl rund 260 Einsendungen hatte. 13 davon wurden gezeigt, fast alles schwarzweiß, mörderisch destruktiv und wenig hilfreich, um die Samstagsabendlaune aufzuhellen. Nur 70 Besucher waren dabei. Ich erinnere mich an Jahre, als dies noch die Hauptattraktion war – mit weit über 200 zahlenden Gästen. Warum wählt die Sichtgruppe immer wieder nahezu ausschließlich diese schwere Kost aus, die häufig auch technisch nicht besonders überzeugend umgesetzt war? Am Ende der Tortur standen vier Gesellinnen und Gesellen beieinander vor der Motorenhalle, in der die Show lief, und schüttelten die Köpfe. Dagie Brundert, Friedemann Wachsmuth, Malte Bartels und meine Wenigkeit konnten es nicht fassen. Dilettantische Moderation, abgelesene und herunter geratterte Texte, freudlos dargeboten und dann noch diese Filmauswahl. Ein Szenario zum Davonlaufen. Das sagt Dagie: „Ich hab überhaupt nicht verstanden, wie man die Ansagen so … sorry … runterleiert.“ Sie spricht von „lieblos gestotterten Ansagen“, die so klingen „als habe den Moderatorinnen jemand schnell einen Zettel reingereicht, den sie dann vorlesen mussten.“ Friedemann schreibt es so: „Das unverständliche Genuschel, meist schlecht, holprig und falsch abgelesen, es quält Film und Zuschauer. Den Filmen und Künstlern gegenüber wirkt es respektlos und alles andere als wertschätzend, oft wurden nicht mal die Namen genannt.“ Malte Bartels begnügte sich mit Kopfschütteln und ich nutzte die Gelegenheit bei der Übergabe des Publikumspreises, um etwas loszuwerden. Nächstes Jahr, bitte, bitte, endlich „more colorful and less depressing films“.